Verschenktes Personalpotenzial

 

Nicht nur, dass es in Deutschland einen Fachkräftemangel gibt, sondern, glaubt man einigen Unternehmern und Personalverantwortlichen, scheint es auch mit der Arbeitsleistung und Motivation von vielen Arbeitnehmern nicht weit her zu sein.

In der Recherche zu diesem Artikel sprachen wir mit einigen Unternehmern und nicht selten hörten wir Sätze wie „Was man nicht selbst macht …“, „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ und „Wer von den Angestellten ist noch bereit, mehr zu leisten oder überhaupt erst mal hundert Prozent zu geben?“ Umgekehrt hört man von den Arbeitnehmern: „Mein Chef sieht nicht, was ich tagtäglich für das Unternehmen leiste.“ oder „Mehr als arbeiten kann ich nicht und es wird immer mehr.“ Das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis wird damit offenbar zu einem Verhältnis, bei dem häufig beide Parteien versuchen, das Maximum an Leistung mit einem Minimum an Einsatz zu erzielen.

Häufig haben die Unternehmer und Personaler bei einer Einstellung bestimmte Erwartungen und Zielsetzungen an einen Arbeitnehmer. Der Mensch dahinter und seine eigenen beruflichen Ziele sind meist einmal zweitrangig. Auf einen bestimmten Arbeitsplatz gesetzt und im Arbeitsalltag gefangen, gibt es häufig nicht viel Spielraum für einen Wechsel, eine Weiterentwicklung oder eine Übernahme zusätzlicher Verantwortung … auch noch so engagierte Mitarbeiter führt es nicht selten zu Demotivation, sinkender Leistungsbereitschaft und Demotivation. Auf diese Weise verschenken zahlreiche Unternehmen jedes Jahr sehr wertvolles und wichtiges Personalpotenzial und die Personalverantwortlichen kommen als Folge dessen zu oben genannten Meinungen.

Personalpotenzial

Was also tun?

Die moderne Personalführung kennt zahlreiche Methoden, um Mitarbeiter im eigenen Unternehmen zu fördern und weiterzuentwickeln. Job enhancement und job enrichment beispielsweise, die bezahlte Versetzung in andere Unternehmen, Auslandsaufenthalte, bezahlte Weiterbildungen usw., um nur wenige zu nennen. Stark im Kommen und viel zu häufig noch den „ganz großen Potenzialträgern“ vorbehalten ist das Coaching, dabei kann es in jeder Hierarchieebene sehr viel bewirken. Allerdings, und hier liegt ganz oft die größte Hürde der Personalchefs, sollten engagierte Mitarbeiter regelmäßig die Möglichkeit bekommen, ihre Karriereambitionen zu äußern, dabei ernst genommen werden und sich auch erproben oder unter Beweis stellen dürfen. Ein aufschiebendes „Wir gucken mal, was sich da machen lässt!“ ist übrigens wenig hilfreich und nicht motivierend.

Sondern dazu gehört seitens der Unternehmen jede Menge Offenheit für die Mitarbeiter, Wertschätzung und Achtsamkeit, ohne ein „Nein, das brauchen wir nicht. Machen Sie bitte Ihren Job!“, wenn Mitarbeiter Ideen und Vorschläge äußern. Unternehmen können in einem sehr hohen Maß davon profitieren, wenn sie bzw. die Führungskräfte mal ganz genau hinschauen und hinhören, wenn es um die Arbeit ihrer Mitarbeiter geht. Daher unser Appell an alle Arbeitgeber, verschenkt nicht länger euer wertvollste Potenzial, sondern:

  • nehmt eure Mitarbeiter ernst, wenn sie Karriereambitionen vorbringen und unterstützt sie im Rahmen eurer Möglichkeiten, bspw. indem ihr
    • eine Stärken-Schwächen-Analyse durchführt
    • die jeweiligen Stärken und Schwächen für euch vermerkt und euch wie in einem Pool bei neuen Projekten und Aufgaben die passenden Mitarbeiter aus diesem Pool holt
    • anhand der Analyse und der Interessen der Mitarbeiter gezielt Weiterbildungsmaßnahmen durchführen oder unterstützen könnt
  • inhouse oder externe Coachings anbietet, um durch angeleitete Veränderungsprozesse die Ressourcen eurer Mitarbeiter und Teams zu aktivieren (oder auch eure eigenen)
  • achtsam seid , die Mitarbeiter nicht auf ihren Arbeitsplätzen allein lasst , hingeht, nachfragt , zuhört – viele Mitarbeiter optimieren durch individuelle Maßnahmen ihren Person-Job-Fit. Diese als Job Crafting bekannten Maßnahmen können wertvolle Hinweise darauf geben, wie Prozesse im Unternehmen optimiert werden können
  • sinnvolle Ziele gemeinsam mit den Mitarbeitern setzt, die Zielerreichung kontrolliert und belohnt
  • eure Mitarbeiter als individuelle Menschen mit Stärken und Potenzialen wahrnehmt
  • euch an eure Zusagen haltet.

Durch eine veränderte Perspektive auf den Mitarbeiter, ändert sich auch das Arbeitnehmer-Arbeitsgeber-Verhältnis. Ihr könnt und müsst selbstredend nicht alle Mitarbeiter fördern, sondern die richtigen, und zwar die, die es wollen und das auch offen oder im Stillen signalisieren. Diese Investitionen lohnen sich mit Sicherheit.