Innovation Hacking – So geht’s!

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In unserem letzten Artikel zum Thema Ideenfindung haben wir aufgezeigt, wie Ihr das Thema Ideenfindung, Marktanalyse und Validierung systematisch und vor allem ohne großen Geldeinsatz angehen könnt.

Nun ist es ja so, dass eine hinterlassene Emailadresse auf einer Landingpage, die einen neuen Service oder ein neues Produkt ankündigt, schon ein deutlicher Indikator für das Interesse desjenigen zu sein scheint. Fakt ist aber auch, dass, wenn Du Dein Produkt letztendlich erstellt hast, Du darauf angewiesen bist, dass deine Interessenten die Email, mit der Du Dein Produkt ankündigst und bewirbst a) öffnen, b) lesen und dann auch noch c) auf Deine Seite gehen, um sich das fertige Ergebnis anzusehen. Und selbst jetzt hast Du noch keinen müden Euro eingenommen.

Wenn Du keine großen Entwicklungskosten für Deinen Service hast, wird sich der Verlust bei einem totalen Misserfolg wohl hauptsächlich auf Deine investierte Zeit sowie Dein bereits ausgegebenes Marketingbudget beschränken. Wenn Du jedoch eine Lösung wie das angesprochene „Juliedesk.com“, eine Applikation zur automatisierten Terminverwaltung und -kommunikation, anstrebst, dürfte selbst die Erstellung des MVP – Minimum Viable Products (erste Version des Services, welche sich auf die absolute Kernfunktionalität beschränkt) einen enormen Entwicklungs- und somit Geldaufwand erfordern. Fakt ist auch, dass, nur weil jemand sagt, er würde es kaufen, wenn es existiere, es noch lange nicht bedeutet, dass er es auch tut, wenn es soweit ist.

Aber auch hierfür gibt es wieder einen Trick. Im letzten Artikel zum Thema Ideenfindung und -validierung haben wir gezeigt, wie das allgemeine Marktinteresse am Service / Produkt analysiert werden kann. Durch Innovation Hacking treten wir den Beweis an, dass das neue Produkt auch wirklich gekauft wird, ohne es zunächst tatsächlich zu entwickeln. Denn dieser Beweis ist erst erbracht, wenn Deine Interessenten bereit sind, Ihre Kreditkarten aus ihren Portemonnaies zu ziehen und Dir damit ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

 

Was ist nun ein Innovation Hack

Innovation steht im weitesten Sinne für die Einführung neuer Techniken und Verfahren.

Hacking steht in diesem Kontext dafür, etwas schnell auf die Beine zu stellen

Meine finale Definition lautet nun: Ein Innovation Hack, ist die schnelle Realisierung einer Lösung für ein Problem mit herkömmlichen Mitteln und möglicherweise unter Einsatz von hohen Aufwänden, welches später durch eine technische Innovation gelöst werden soll.

Kurzum: Es ist ein Fake, der die Innovation zunächst vortäuscht! Und hierbei geht es nicht darum, dass die Lösung schon rentabel ist. Sie sollte nur finanzierbar sein, sodass Dein Startup nicht schon am ersten Innovation Hack zu Grunde geht. Ziel des Innovation Hacks ist es, das innovative Produkt schon anbieten zu können, obwohl die tatsächliche technische Innovation noch nicht geschaffen wurde.

 

Ein mögliches Anwendungsbeispiel: die deutsche Version von Juliedesk.com

Juliedesk.com verspricht nach GoLive Ende März, Termine für seine Kunden automatisch zu buchen bzw. Alternativtermine anzubieten. Hierbei ist es jedoch nicht nur so, dass auf Terminanfrage mit Ja oder Nein geantwortet wird, sondern dass selbst Emailanfragen mit einer Email beantwortet werden und erst nach Einigkeit der Termin in den Kalemder eingetragen sowie dem Gegenüber bestätigt wird. Angenommen, Du möchtest eine ähnliche Lösung auf deutsch anbieten und das am besten so schnell wie möglich, bevor Juliedesk.com auf den deutschen Markt skaliert bzw. sogar bevor Juliedesk.com selbst live geht. Leider hast Du jedoch weder das technische Umsetzungs-Know-how, noch die finanziellen Mittel für eine derartige Investition. Von der Zeit, die Dir bleibt, reden wir gar nicht erst.

Vorteil, Du hast Dein Produkt ja bereits für die Marktanalyse beschrieben.

 

So könntest Du nun vorgehen:

1. Landingpage
Erstelle eine Landingpage, auf der Du das Produkt erklärst und zum Kauf anbietest.

2. Kundenlogin
Erstelle einen kleinen Login-Bereich, in dem Deine zukünftigen Kunden angeben können, welche Tageszeiträume privat genutzt werden sollen und wann Geschäftstermine gebucht werden dürfen. Außerdem sollten die Zugangsdaten für Kalender und Kontakte hinterlegt werden können. Hinter den Feldern, in denen diese Angaben gemacht werden, muss keine Funktion stehen. Es muss nur speicherbar sein und Dein Dienstleister muss zugriff auf diese Daten haben. Die Freischaltung und Sperrung der Kunden kann ja noch manuell erfolgen. Entwickler, die das ganze für relativ kleines Geld machen, findet man auf Freelancer-Börsen wie odesk.com.

3. Zahlungssystem
Erstelle Dir einen Paypal Account, über den Du die Zahlungen abwickelst. Das schöne an Paypal ist, dass Du Abonnements anbieten kannst. Außerdem kannst Du zum Beispiel festlegen, dass neuen Abonnenten, bei der ersten Zahlung weniger zahlen als bei allen weiteren. So könnte man als Marketingmaßnahme eine Woche zum testen des Service für nur 1 Euro anbieten. Vorausgesetzt der Kunde storniert seine Abonnement nicht innerhalb dieser Woche, würde nach Ablauf der Testwoche, der normale Betrag automatisch gebucht.

4. Backoffice
Mache einen Deal mit einem Sekretariatsservice, der von Dir die Zugangsdaten und die Kontakte nutzt, um die Terminbuchungen durchzuführen, zu bestätigen bzw. Alternativtermine anzubieten. Weitere Funktionen sind so auch kein Problem. Denke jedoch daran, dass diese Funktionssimulation später auch technisch umgesetzt werden muss. Achtung: Datenschutz ist hier ein wichtiges Thema, das es zu beachten gilt! Zumindest in deinen AGB’s sowie in deiner Datenschutzerklärung, sollte geschrieben stehen, dass dritte Partner die Daten zur Erbringung des Service verarbeiten Deine Kunden sollten bei Registrierung diesen beiden Dokumenten auch explizit zustimmen. Des Weiteren, ist es notwendig einen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag mit dem Dienstleister abzuschließen. Mehr zu diesem Thema, könnt Ihr hier nachlesen.

5. Erster Test
Teste das Callcenter intensiv und versuche so viele Fehler wie möglich in der Bearbeitung der Test-Terminanfragen zu korrigieren.

6. Preis festlegen
Wenn alles gut läuft, stelle eine Kalkulation dafür auf, was dich der Service kostet und für welchen Preis Du diesen Service Deinen Kunden anbieten möchtest. Der Preis sollte nah an dem liegen, den Du später auch für die automatisierte Lösung verlangen würdest.

7. Launch Countdown
Schalte Deine Landingpage frei und blende einen Launch-Countdown ein. Hier kannst Du auch noch einen kleinen Early-Bird-Rabatt anbieten, um den Verkauf etwas anzukurbeln. Ein weiteres beliebtes Mittel ist eine Geld-zurück-Garantie, wenn der Kunde unzufrieden ist.

8. Family & Friends
Starte eine Friends & Family-Testphase. Bitte zehn Deiner Interessenten, Freunde und/oder Familienmitglieder, den „Beta-Service“ innerhalb der Countdown-Phase intensiv zu testen. Als Lockangebot kannst Du zum Beispiel 3 Monate Gratisnutzung nach Launch anbieten.

9. Go Live
Wenn auch die Friends & Family-Phase gut gelaufen ist, kann es losgehen. Schalte Deine Service live und bewerbe ihn, wo es nur geht und so gut wie es Dein Budget zulässt.

 

Angenommen, Du bietest Deinen Service ähnlich wie Juliedesk.com für 59,- Euro im Monat an, kannst Du nach zum Beispiel den ersten 200 Kunden nicht nur sicher sein, dass es sich lohnt, die technisch automatisierte Lösung anzugehen, sondern auch für mögliche Investoren schon knapp 12.000 Euro Monatsumsatz vorweisen.

Für Investoren ist das der Beweis, dass Dein Geschäftsmodell tragfähig ist und es begrenzt Ihr Investmentrisiko ungemein. Das kann dazu führen, dass höher und längerfristig investiert wird, da der Service schon verkauft wird und man die Amortisation des Investments nun auch langfristiger ansetzen kann. Wo zuvor eine Nachfinanzierung nach etwa einem Jahr anstehen würde, weil der Investor erst einmal sehen möchte, ob das Produkt den Marktbedarf trifft, könnten Investoren jetzt etwas einfacher eine Gewinnrealisierung nach zwei Jahren oder länger anstreben.

Was unser Beispiel angeht, wer sagt denn, dass Juliedesk.com nicht genau das Gleiche tut und das Geschäftsmodell erst einmal testet.

 

Ein weiteres Beispiel…

… von dem ich nur gehört habe, ist ein Visitenkartenscanner als App für das Smartphone. Die Gründer des Unternehmens haben in Indien einen Service Desk / Callcenter beauftragt, adhoc alle Mails mit einem Foto einer Visitenkarte mit einem V-Card File (.vcf = „vCard file“ ) zu beantworten.

Für den Nutzer sah das ganze folgendermaßen aus. Er konnte eine App im AppStore kaufen, die es ihm ermöglichte, eine Visitenkarte zu fotografieren und den Kontakt kurze Zeit später abzuspeichern. Kurz nach dem Fotografieren, erschien eine V-Card auf seinem Screen innerhalb der App, welche die Kontaktdaten vom Foto enthielten.

Es war die erste Version der Software, das MVP – Minimum Viable Product. Die Reaktion war für den Nutzer langsamer als bei der späteren OCR-Version, die Felder auch noch automatisch zuordnete und sie hatte einen geringeren Funktionsumfang. Aber die App erfüllte seinen Zweck. Sie nahm dem Nutzer das Abtippen der Visitenkarten ab. Was der Nutzer nicht mitbekam: Im Hintergrund sendete die App eine Email nach Indien, wo die Daten in einem Callcenter manuell eingetragen wurden und eine zentrale Software ordnete die Antwort dem richtigen Nutzer wieder zu.

 

Nachdem sich die ersten paar tausend Kunden angemeldet hatten und die App nutzten, konnte die Firma auf Investorensuche gehen, um die Lösung auch technisch umzusetzen.

 

 

Fazit:

Wer einen Innovation Hack einsetzen kann, realisiert im Idealfall erste Einnahmen schon weit vor der technischen Umsetzung der Lösung und kann beweisen, dass sich sein Produkt auch tatsächlich verkauft! Und zwar bevor Kredite genommen oder mit einer noch schwachen Verhandlungsposition Investoren ins Boot geholt werden.

 

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